Bei der Bearbeitung von Personendaten von Mietinteressenten müssen Eigentümer und Immobilienverwaltungen vor allem auf die datenschutzrechtliche Zulässigkeit der Bearbeitung achten. Denn Sie dürfen deutlich weniger Frage an Mietinteressenten stellen als die meisten Vermieter denken.
Die Bearbeitung von Personendaten durch Vermieter
Angesichts der Tatsache, dass mehr als die Hälfte der Schweizer Bevölkerung Mieter sind, ist es nicht verwunderlich, dass die Frage, welche Personendaten von Mietinteressenten ein Eigentümer bzw. Vermieter oder beauftragte Immobilienverwaltungen erheben und bearbeiten dürfen, seit langem ein Thema ist.
Der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte (EDÖB) hat deshalb ausführliche Erläuterungen zum Thema veröffentlicht. Darin wird klargestellt, dass „wenn ein Vermieter oder eine Liegenschaftsverwaltung Informationen über Personen einholt, die am Abschluss eines Mietvertrags interessiert sind, handelt es sich um die Bearbeitung von Personendaten im Sinne des Bundesgesetzes über den Datenschutz (DSG).“ Oft handelt es sich auch um besonders schützenswerte Personendaten (Art. 5 DSG).
Anders als unter der EU Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ist die Erhebung der Personendaten von Mietinteressenten generell erlaubt, solange jede Bearbeitung im Einklang mit den allgemeinen Grundsätzen des Datenschutzes gemäss Art. 6 DSG stattfindet:
- dem Grundsatz der Rechtmässigkeit,
- dem Grundsatz von Treu und Glauben und Transparenz,
- dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit der Datenbearbeitung,
- dem Zweckbindungsprinzip sowie
- dem Grundsatz der Datensicherheit.
Werden diese nicht vom Vermieter eingehalten und/oder sind besonders schützenswerte Personendaten betroffen, liegt eine Persönlichkeitsverletzung gemäss Art. 30 DSG vor, es sei denn, die Bearbeitung kann gemäss Art. 31 DSG gerechtfertigt werden. Liegt kein Rechtfertigungsgrund vor, droht dem Vermieter eine Verfügung seitens des EDÖB (Art. 51 DSG).
Beurteilung der Zulässigkeit von Fragen an Mietinteressenten
Bei der Beurteilung der Zulässigkeit von Fragen, die der Vermieter an Mietinteressenten stellen darf, muss im Einzelfall somit geprüft werden, ob die Erhebung der Daten die Persönlichkeit der Mietinteressenten verletzt und ob gegebenenfalls ein Rechtfertigungsgrund vorliegt.
Die Persönlichkeit der Mietinteressenten wird verletzt, wenn z.B. mehr Daten als notwendig oder verhältnismässig für den verfolgten Zweck erhoben werden und somit gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit verstossen wird. Es dürfen somit nur tatsächlich erforderliche Daten bearbeitet werden.
Der EDÖB stellt klar, dass als Rechtfertigungsgründe für das Beschaffen von Personendaten von Mietinteressenten nur ein überwiegendes privates Interesse der Vermieter oder das Gesetz in Frage kommt.
Achtung: Der EDÖB schliesst die Einwilligung der betroffenen Person als möglichen Rechtfertigungsgrund meist aus. Die Erläuterung weist darauf hin, dass die Wirksamkeit der Einwilligung eines Mietinteressenten anzweifelbar ist. Es kann keine freiwillige Einwilligung des Mietinteressenten vorliegen, welche die Bearbeitung der Personendaten während des Vermietungsprozesses rechtfertigen kann, wenn dem Mietinteressenten bewusst ist, dass er ohne die Angabe dieser weiteren Informationen kaum eine Chance hat, überhaupt einen Besichtigungstermin zu erhalten bzw. ein Mietverhältnis einzugehen. Das zwingt den Mietinteressenten faktisch dazu, seine Einwilligung zu erteilen – und entwertet die Einwilligung damit.
Welche Fragen an Mietinteressenten sind zulässig?
Zum Besichtigungstermin
Wendet man die oben genannten Grundsätze und Einschränkungen in einem Vermietungsprozess – in der Regel zunächst die Organisation von Besichtigungsterminen – an, so wird deutlich, dass für die Organisation eines ersten Besichtigungstermins für ein bestimmtes Mietobjekt generell nur begrenzte Personendaten erforderlich sind.
Die Erfragung der folgenden Informationen ist generell vertretbar:
- Vorname, Nachname, Kontaktdaten und Anschrift
Ausnahme (Beispiel): Hat ein Mietinteressent sich auf eine Warteliste eingetragen, können mehrere Personendaten erforderlich sein, z.B. welche Kriterien das gewünschte Mietobjekt erfüllen sollte. Wichtig ist, dass nur die Daten, welche für eine bestimmten Kontext erforderlich sind, erhoben werden.
Bei Anmietungsinteresse des Mietinteressenten
Der Besichtigungstermin ist beendet und der Mietinteressent bekundet sein Interesse an der Anmietung des Mietobjekts. Welche Informationen darf der Vermieter im Anmeldeformular für ein Mietobjekt nun abfragen?
Der EDÖB ersieht die folgenden Fragen als zulässig:
- Fragen zur Identität der Person sowie auch den Kontaktdaten derjenigen Personen, die den Vertrag als Mietpartei unterzeichnen oder für eine Mietpartei bürgen werden (Vorname, Nachname, Geburtsdatum, Adresse und Telefonnummer).
- Fragen, ob jemand die Schweizer oder eine ausländische Staatsangehörigkeit besitzt, verbunden mit der Frage nach der Art der Aufenthaltsbewilligung und deren Ablaufdatum.
- Fragen nach der finanziellen Situation und über die Zahlungsfähigkeit der Mietinteressenten
- Fragen über den Beruf oder die ausgeübte Tätigkeit der Mietinteressenten sowie über den Arbeitgeber der Personen, die den Mietvertrag (mit-)unterzeichnen werden.
- Fragen nach dem ungefähren Jahreseinkommen des Mietinteressenten oder einer Person, die für eine Mietpartei bürgt (z. B. in Form von Einkommenskategorien mit einer Obergrenze, die – abgesehen von sehr hohen Mieten – nicht über 100.000 Franken liegen sollte).
- Fragen nach hängigen Betreibungen und allfälligen Verlustscheinen der letzten fünf Jahre.
- Fragen nach Informationen zu wichtigen Problemen, die ggfs. während des aktuellen Mietverhältnisses des Mietinteressenten aufgetreten sind, und, ob das vorgängige Mietverhältnis von dem Vermieter aufgelöst wurde, und falls ja aus welchem Grund.
- Fragen nach der Anzahl der beabsichtigten wohnhaften Personen und ob die Wohnung als Familienwohnung dienen wird.
- Fragen nach grösseren Haustieren.
- In konkreten Fällen: Fragen nach Musikinstrumenten.
Entscheidung des Vermieters für die zukünftige Mietvertragspartei
Erst wenn der Vermieter sich für eine konkrete, zukünftige Mietvertragspartei entschieden hat und der Mietvertrag aufgesetzt wird, darf der Vermieter,
- ein Ausweis (z. B. Kopie der Identitätskarte, der Aufenthaltsbewilligung) sowie eine Kopie der letzten Lohnabrechnungen verlangen, um die Daten auf dem Anmeldeformular für das Mietobjekt zu prüfen, und
- sofern der Mietinteressent ausdrücklich zugestimmt hat, bei Dritten Referenzen über den Mietinteressenten einholen.
Der Vermieter muss sich in seinen Fragen auf die Richtigkeit der Daten beschränken.
Abschluss des Mietvertrags
Erst zu diesem Zeitpunkt ist es dem Vermieter gestattet ein Betreibungsregisterauszug oder eine Betreibungsauskunft zu verlangen.
Welche Fragen an Mietinteressenten sind grundsätzlich unzulässig?
Fragen, welche nicht relevant sind für die Begründung eines Mietverhältnisses, sind unzulässig. Dazu zählt der EDÖB folgende Fragen:
- Fragen zum Zivilstand, zum Bürgerort, zur Nationalität oder zur Konfession des Mietinteressenten
- Fragen nach der Dauer des aktuellen Mietverhältnisses des Mietinteressenten, dem Namen der jetzigen Verwaltung oder dem gegenwärtigen Mietzins des Mietinteressenten
- Fragen zu dem Beruf oder der ausgeübten Tätigkeit sowie über den Arbeitgeber von weiteren Personen, die den Mietvertrag nicht unterzeichnen.
- Fragen, welche gegen gesetzliche Bestimmungen verstossen, z.B., Bestimmungen des Strafgesetzbuchs (Herausgabe von Daten unter Drohung, Arglist oder Gewalt) oder des Mietrechts.
- Fragen bei Dritten über den Mietinteressenten ohne die Zustimmung des Mietinteressenten (siehe oben) oder Fragen bei Dritten über Mietinteressenten, welche noch nicht in der engeren Auswahl sind.
- Fragen über Eigentumsvorbehalte auf eine bewegliche Sache des Mietinteressenten (Leasing-, Abzahlungs- und Kleinkreditverträge, Lohnpfändungen usw.).
Löschung der Personendaten von Mietinteressenten
Die Personendaten von Mietinteressenten sind zu löschen, wenn sie für den Zweck, zu dem sie erhoben wurden (Organisation eines Besichtigungstermins und/oder Prüfung, ob mit dem Mietinteressenten ein Vertrag abgeschlossen werden soll), nicht mehr benötigt werden sowie keine gesetzliche Aufbewahrungsfrist und kein anderer Aufbewahrungsgrund (z. B. Eintrag in eine Warteliste, wenn eine Einwilligung des Mietinteressenten vorliegt) greift.
Auch Personendaten des erfolgreichen Mietinteressenten, die im Rahmen des Vermietungsprozesses erhoben und verarbeitet wurden, müssen gelöscht werden, wenn sie nicht für die Durchführung des Mietvertrags erforderlich sind.
Achtung: Das Führen einer schwarzen Liste oder der Abgleich aktueller Mietinteressenten mit einer bestehenden Datenbank wird in den Erläuterungen des EDÖB nicht angesprochen, jedoch werden solche Praktiken schwer vereinbar sein mit den Grundsätzen nach dem DSG.
Weitere Anforderungen aus dem DSG
Nicht ausser Acht zu lassen sind auch die Rechte der Mietinteressenten. Mietinteressenten können folgende Rechte gegen den Vermieter geltend machen:
- Recht auf Auskunft ( 25 DSG),
- Recht auf Datenherausgabe oder -übertragung ( 28 DSG),
- Recht auf Berichtigung, Recht auf Verbot der Bearbeitung von Personendaten, Recht auf Verbot der Bekanntgabe von Personendaten, Recht auf Mitteilung der Massnahmen betreffend Personendaten und das Recht auf Vernichtung ( 32 DSG).
Die Erfüllung der Informationspflichten (Art. 19 DSG) ist auch von Bedeutung. Vermieter müssen die Mietinteressenten angemessen über die Beschaffung von Personendaten informieren. Diese Informationspflicht gilt auch, wenn die Daten nicht direkt bei dem Mietinteressenten beschafft werden.
Tipp: Nutzen Sie unsere Vorlage für ein Informationsschreiben für Interessenten und Kunden – und passen es entsprechend an.
Um die oben genannten Datenschutzverpflichtungen und -anforderungen zu erfüllen, ist es am besten, professionellen Rat einzuholen.